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Kolumne: Ist Nintendo zu nett mit Animal Crossing Mobile?

Knapp zwei Jahre sind seit der Ankündigung der Mobile-Offensive Nintendos vergangen. Super Mario Run ist erschienen und hat das klassische 2D-Konzept der New Super Mario Brothers-Serie auf den Touchscreen übertragen. Es folgte Fire Emblem Heroes, das die bekannte Rundenstrategie für eine kurze Runde zwischendurch auf wenige Minuten reduzierte. Nun ist Animal Crossing: Pocket Camp erschienen. Statt eine Stadt zu managen, sorgen sich Spieler hier um einen Campingplatz. Nach dem Softlaunch in Australien ist das Spiel seit wenigen Tagen weltweit erhältlich.

Prompt schoss das Spiel auf Platz 1 in den weltweiten Twitter-Trends, die Server des Spiels krachten kurz weg und der offizielle japanische Account des Spiels übertraf in Puncto Followerzahlen schnell den allgemeinen japanischen Animal Crossing-Twitter-Account. Ein paar Tage später kann das Spiel 5 Millionen Downloads und Platz 1 der Top-Downloads im Google Play Store für sich verbuchen. Mit einer Wertung von 4,5/5 Sternen bei knapp 200.000 Bewertungen (im deutschen Store) kommt es auch bei den Kritiken sehr gut weg. Das Spiel ist beliebt und das Spiel wird geliebt. Aber: Ist Nintendo vielleicht „zu nett“?

Wo sind die Erlöse?

Der Erfolg eines Mobile-Games lässt sich nur an einer Zahl messen: den Erlösen. Downloads sind auch wichtig, aber bei einem kostenlosen Spiel entstehen hier noch keine Erlöse. Zugriff auf diese Zahlen haben Nutzer nicht. Unternehmen veröffentlichen Erlöse nur in Geschäftsberichten oder Investoren-Briefings. Trotzdem gibt es eine Möglichkeit, schnell einen Blick auf den Erfolg oder Misserfolg eines Mobile-Games zu erhalten: die Top Grossing Charts. „Erfolgreich in Apps“, wie es der deutsche Google Play Store nennt. Wer hier an der Spitze ist, generiert Millionenerlöse. Jeden Tag. Sich hier zu etablieren, ist das Ziel der großen Mobile-Games. Gar nicht hier zu finden ist in der Regel Super Mario Run.

Animal Crossing Pocket Camp

Spiele mit Premiumpreis haben es generell schwer, aber Super Mario Run entschied sich auch strikt gegen In-App-Purchases (IAP), also zusätzliche Käufe in der App. Ohne zusätzliche Käufe keine zusätzlichen Erlöse. Ohne hohe Erlöse, kein Platz in den Top Grossing-Charts. Nintendo selbst gab zu, dass Super Mario Run hinter den Erwartungen zurückliegt. Obwohl es sich um die bekannteste Videospielfigur der Welt handelt und obwohl Apple den zeitexklusiven Launch des Spiels stark bewarb. Fire Emblem Heroes ging einen anderen Weg. Das kostenlose Spiel ist voller IAP und nutzt Gacha. In dieser Monetarisierungsmechanik zahlen Spieler, um an einer Kurbel zu drehen und Helden zu erhalten. Mit Glück erhalten sie ihre gewünschten Helden, mit Pech nicht. Gacha hat sich fest im japanischen Mobile-Markt, einer der weltweit größten Märkte für Mobile Games, verankert. Gekoppelt mit der beliebten Fire Emblem-Serie fährt Nintendo mit Fire Emblem Heroes mehr Erlöse ein, auch wenn Super Mario Run viel öfter heruntergeladen wurde.

Der Fall Animal Crossing

Nun ist also Animal Crossing für Smart Devices erschienen. Animal Crossing: Pocket Camp ist kostenlos und bietet IAP. Spieler können für Echtgeld Tickets erwerben, um so Wartezeiten zu überspringen. Eine Sache fehlt hier aber: Gacha. Animal Crossing ist voller beliebter Charaktere. Statt nun aber die Charaktere wie in Fire Emblem Heroes durch Gacha freizuschalten, müssen diese in Animal Crossing: Pocket Camp durch das Erfüllen von Aufgaben im Spiel freigespielt werden. Das heißt, Nintendo hat sich dagegen entschieden, die Chance zu verkaufen, zufällig seinen Lieblingscharakter zu erhalten. Das freut die Spieler, aber nicht die Investoren.

Die Folgen aus dieser Entscheidung sieht man sofort. In den deutschen Top Grossing-Charts von Google Play ist Animal Crossing: Pocket Camp auf Platz 137. In Japan schafft es das Spiel nur auf Platz 15. Platz 15 klingt ja nicht schlecht. Für das neue Spiel von Nintendo und die in Japan unglaublich beliebte Animal Crossing-Serie ist Platz 15 aber ziemlich enttäuschend. Der Nintendo-Aktie scheint das jedoch wenig zu schaden. Aktionäre schauen wohl eher auf das erste Weihnachtsgeschäft der Switch. Doch das Investoren-Briefing wird kommen, in dem sich Nintendo verteidigen muss.

Animal Crossing Pocket Camp

Langfristige Strategie

Nintendo verzichtet auf Gacha in Animal Crossing Mobile und damit auf einen Haufen sicherer Erlöse. Hauptgrund für die Entscheidung dürfte sicherlich die Zielgruppe sein, denn Animal Crossing ist natürlich auch bei Kindern sehr beliebt. Überschriften wie „Nintendo zieht Kindern mit Gacha das Geld aus der Tasche“ möchte der Konsolenhersteller vermeiden. Kurzfristig bedeutet dies niedrigere Erlöse, langfristig aber mehr Vertrauen in die Marke Nintendo und die zukünftigen Projekte. Neben weiteren Mobile-Umsetzungen wie vielleicht für The Legend of Zelda, Splatoon, Mario Kart und Smash Brothers, winken in der Zukunft ja auch noch Spiele für die Switch, darunter auch das nächste Pokémon. Sich jetzt das Vertrauen der Kunden für kurzfristige Gewinne zu verhageln und womöglich dem Erfolg der Switch zu schaden, möchte Nintendo vermeiden. Auch wenn Gacha an sich kein Problem für das Unternehmen zu sein scheint, wie Fire Emblem Heroes beweist.

Ist Nintendo also zu nett mit Animal Crossing: Pocket Camp? Ja, soweit man ein Unternehmen als nett bezeichnen kann. Aber inmitten der andauernden Kontroverse um Lootboxen ist auch das schon eine willkommene Abwechslung.

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Notable Replies

  1. Runtergeladen, aber noch nicht gespielt. Eine Freundin von mir ist reingekippt und begeistert (ehem. Animal Crossing Spielerin). Mal schauen, ob mir mal sooooo fad sein wird :slight_smile:

  2. Ich verweise auf neinen Post dazu hier

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