ArtikelHighlightKolumneNewsVideogames

Kolumne: Immer nur killen?

Als Kind vom Bauernhof kenne ich Mord und Totschlag – zumindest was Tiere und deren Schlachtung betrifft schon seit klein auf – und habe deshalb auch wenige Probleme mit Splatterfilmen oder brutalen Videospielen. Solange die darin ausgehende Aggression gegen Übeltäter gerichtet ist, also nichts mit Folter etc. zu tun hat, kann ich dem Robespierre-Effekt folgend meiner Tätigkeit als Weltretter nachgehen, auch wenn dafür diverse Übeltäter über den Acheron schippern müssen, mit einer Kugel von mir im Hirn als Obolus! Obwohl: Auf Menschen zu schießen, ist nicht zu hundert Prozent meines (da schon lieber auf Monster!) – und wenn ich als Assassine Connor irgendwelchen Kerlen auf Häuserdächern die Kehle aufschlitze, habe ich stets ein schlechtes Gewissen. Klar, Ubisoft hat denen keine digitale Familie an den Hals programmiert, also sitzen nach meiner Tat auch keine flennenden Halbwaisen Witwen am Küchentisch – aber trotzdem. Mir persönlich würde es nicht gefallen, wenn mir jemand einfach so eine neue Atemöffnung schneidet, nur weil ich gerade dem perfekten Free-Running-Erlebnis im Weg stehe.

Erwachsene Sache
Bevor ich „aggro“ wurde, habe ich meistens süße Games mit Mario & Co. gespielt. Mein erster „Shooter“ war Resident Evil 4 auf dem GameCube. Ich war damals in der Pubertät, zumindest in puncto Alter, mein Körper hat hormonell ein wenig länger gebraucht, mich annähernd zu einem handelsüblichen Mann reifen zu lassen, und kam langsam – und vermutlich auch Testosteron-bedingt – auf den Geschmack von „Erwachsenen-Spielen“. Die bis dahin vorhandene Hemmschwelle war gebrochen, mein Job in der Videospielbranche ließ mich später, weil ich einfacher an Titel ab 18 Hand anlegen konnte, sogar gerne Ego- und andere Third-Person-Shooter zocken. Und das für eine lange Zeit. Mario, Pokémon & Co. spielte ich zwar immer noch mit Leidenschaft, allerdings war diese wie in einer langjährigen Ehe ein bisserl erkaltet. Die Lust auf einen virtuellen Mord-Seitensprung zwischendurch flammte immer wieder auf – und tut dies auch jetzt noch regelmäßig. Allerdings: Nachdem ich in meiner Videospielkarriere in hektischen Ballerorgien insgesamt sicher ganze Nationen ausgelöscht habe, zieht es mich doch wieder verstärkt zu niedlichen und relaxenden Titeln. Allen voran: Animal Crossing: New Leaf.

„HULK friedlich!“
Habe ich schon die Vorgänger von Nintendos knuffiger Lebenssimulation mit Begeisterung erlebt, kann ich mich jetzt auf dem 3DS wieder Stunden im einfachen Müßiggang, dem Fangen von Fischen und dem Ernten von Obst verlieren. Was heißt Stunden … es sind sogar Tage, die ich ins Game investiere, mein virtuelles Heim verschönere … und NIEMANDEN kille. Vielleicht sollte ich auch mal wieder Tetris spielen oder mich Geschicklichkeits- oder Puzzle-Games zuwenden. Wobei: Wenn die zu schwer sind, dann werde ich so wütend, da könnte ich TÖT…  Ich glaube, es wird wieder Zeit für eine Runde Animal Crossing. (Hanns Peter Glock)

Wie ist eure Meinung zu diesem Thema?

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"