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Kolumne: HTC Vive – Warum ich aufgestanden bin

Ja, die Faulheit ist doch ein Hund. Mittlerweile sind zehn Jahre vergangen, seit Nintendo mit der Wii ein wenig Bewegung unter die Spielerschaft bringen wollte. Und schon damals dachte ich mir: Puh, Zocken im Stehen, das hört sich ja fast nach Arbeit an. Lange hat es dann nicht gedauert, bis Golf, Bowling und Co. nur noch sitzend gespielt wurden und voller Freude nahm ich die Ankündigung auf, dass die Wii U keinen großen Wert auf Fuchtelsteuerung und stehende Spieler legen würde. Kinect und Playstation Move konnten mir sowieso gestohlen bleiben.

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Doch die Initiative „Bewegung ins heimische Wohnzimmer“ fand damit weiß Gott noch kein Ende und erlebte nun mit dem gigantischen VR-Hype wieder eine Hochphase. „Gestohlen bleiben könnt ihr mir“, dachte ich da. Doch als alter Technik-Fetischist konnte ich mich dem Ganzen dann natürlich doch nicht entziehen und als sich eine günstige Gelegenheit ergab, holte ich mir ein HTC Vive ins Haus. Immerhin: Das Gefühl, mich in Elite Dangerous immersiver denn je hinter das Cockpit meines Raumgleiters klemmen zu können, klang doch außerordentlich verlockend.

In zwei Metern Höhe sollen die Vive-Sensoren an die Wand geschraubt werden. Aber da ich ja sowieso nur sitzen bleiben wollte, wurden sie einfach links und rechts von mir auf ein Regal bei meinem Schreibtisch gepfeffert. Softwareseitig ließ sich das Ganze dann angenehm einfach einrichten. Eine Option für das Spielen ohne Play-Area gab es auch und so war ich zufrieden. Nach wenigen Minuten startete dann also das von Valve entwickelte Tutorial. Erstmals die Brille aufgesetzt und kurz ist noch alles schwarz. Doch dann geschah etwas sehr seltsames.

Ich blickte in diese virtuelle Welt, die ein weißes Zimmer darstellte und plötzlich klappten sich alle Möbel und Wände rund um mich in den Boden ein. Als Mensch der sein ganzes Leben lang virtuelle Realitäten als nur allzu realen Teil seines Lebens angesehen hat, dauerte es keine zwei Sekunden und die vor meine Augen projizierten Pixel wurden als neue Wirklichkeit angenommen. In dieser Wirklichkeit aber klappten sich gerade alle Möbel in den Boden und so auch mein Sessel, dachte ich zumindest in einer Kurzschlussreaktion.

Zack war ich aufgesprungen und der Sessel wurde bei dieser Aktion quer durch das Zimmer gefeuert. Voller Faszination griff ich nach den beiden Motion-Controllern, die vor mir in der Luft schwebten und natürlich in Wirklichkeit auf meinem Tisch lagen. Der Vergleich meiner bisherigen Motion-Tracking Erfahrung mit diesem Moment ist komplex in Worte zu fassen. Fast als versuchte man einen Ritt auf dem Kinderkarussell mit dem ersten Mal selbst Autofahren in Relation zu setzen. Die Controller waren meine Hände. Egal was ich mit ihnen tat, es wurde in meine virtuelle Welt übertragen, als gebe es keine Grenzen zwischen den Realitäten mehr, als wären sie wirklich da.

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Plötzlich vernahm ich eine Stimme und einer der aus Portal 2 bekannten kleinen Roboter führte mich in die Möglichkeiten dieser neuen Realität ein. Es ist kaum zu glauben wie viel Zeit man damit verbringen kann, mit dämlichen Luftballons und Konfetti zu spielen. Noch viel weniger ist es aber zu glauben, wie unglaublich viel Spaß man dabei haben kann und wie intensiv mit der Zeit der Drang wird, wie ein Kleinkind durch den Raum zu springen.

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Ein großes Lob muss ich dabei vor allem auch an HTC aussprechen. Trotz der mehr als ungünstigen Positionierung meiner Sensoren, wurden meine Bewegungen bereits jetzt äußerst überzeugend in die virtuelle Realität verfrachtet und obwohl ich mich lediglich für die stationäre Option entschieden habe, war ich in der Lage ein zwei Schritte in die verschiedensten Richtungen zu machen.

Meine weiteren Erfahrungen mit The Lab, Job Simulator, Star Wars: Trials of Tatooine und vor allem Spellfighter VR festigten meine Überzeugung, dass es sich hier nicht nur um die Zukunft der Videospiele handeln könnte, sondern auch um den überzeugendsten Hometrainer der Welt. Obwohl die theoretische Möglichkeit bestünde, sämtliche Spiele auch sitzend zu absolvieren, kommt es einem einfach gänzlich unlogisch vor dies zu tun. Wer bleibt schon entspannt sitzen während eine Armee bösartiger Skelettkrieger auf ihn zustürmt? Man springt auf, zieht sein Schwert, schreitet vor und zurück, duckt sich unter den Angriffen seines Feindes hinweg und merkt dabei gar nicht, wie viel man sich eigentlich bewegt hat, bis einem der Schweiß auf der Stirn steht. Es ist einfach der natürliche Überlebensinstinkt, der die Bewegungen provoziert. Dass dabei alles nur virtuell ist, schert mein gänzlich immersiertes Gehirn dann kaum mehr.

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Schnell waren also alle möglichen Hindernisse beiseite geräumt, wurde das Maßband ausgepackt und lange über die perfekte Position der Sensoren philosophiert um die beste Nutzung des mir zur Verfügung stehenden Raums zu erreichen. Mein Schreibtischsessel und der Platz direkt vor dem PC  befinden sich übrigens gar nicht mehr in diesem Bereich. Gänzlich unnötig, wer möchte beim Spielen in der virtuellen Realität schon sitzen? (bz)

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