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Kolumne: Die Zukunft des 3DS

Ihr habt euch zum Launch eine Switch gekauft, spielt täglich einige Stunden Zelda und der 3DS liegt schon seit zwei Wochen unbenutzt in der Ecke. Zeit, sich vom ehemals revolutionären Handheld zu verabschieden? Nicht so schnell.

Als der mittlerweile verstorbene Nintendo-Präsident Satoru Iwata vor einigen Jahren die grundlegende Neustrukturierung des Unternehmens ankündigte, und damit die Zusammenlegung der Entwicklerteams für Konsolen und Handhelds, horchten viele auf. Spätestens mit der Wii U ist es deutlich geworden, dass Nintendo alleine keine Konsole stemmen kann. Auch wenn sich die eigenen Titel gut verkaufen und bei den Kunden gut ankommen, einen kompletten Releasekalender kann selbst Nintendo nicht alleine füllen. Niemand kann das. So wechselte der Fokus immer mal wieder von der Wii U zum 3DS und umgekehrt. Monate vergingen ohne ein neues Spiel für die Wii U und Third-Party-Publisher waren nirgends zu finden. So galt diese Neustrukturierung schon wie ein sicheres Zeichen für die Zukunft, die sich mit den ersten Leaks zur NX bewahrheiten sollte. Die Hybridkonsole. So könnte Nintendo sich auf eine Plattform konzentrieren und große Lücken zwischen Releases vermeiden. Aber was geschieht nun mit dem 3DS?

Für neue Switch-Besitzer dürfte die Sache klar sein. Von nun an soll alles für die Switch erscheinen. Ende. Immerhin hat man ja gerade erst 330 Euro bezahlt, ist einer von Nintendos besten Kunden. Tja. Das mag zwar sein, wirklich Sinn ergibt dieser Wunsch aber trotzdem nicht. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass der 3DS noch ein langes Leben vor sich hat.

65 Millionen

Mehr als 65 Millionen 3DS-Handhelds wurden verkauft (Stand: 31. Dezember 2016). Diese Kunden kann man nicht einfach von heute auf morgen aufgeben. So alt die Hardware auch sein mag, für viele ist sie “gut genug” und sie verkauft sich immer noch. Natürlich liegt das auch an den vielen Revisionen des 3DS. Neben dem originalen Handheld gibt es die XL-Variante, den New 3DS, den 2DS und die ganzen Special Editions. Typisch Nintendo strecken diese neuen Revisionen die Lebenszeit und so verkaufen sich Spiele wie Mario Kart, Animal Crossing und Pokémon Jahre nach Release immer noch. Und das zum Vollpreis. Das ist ein Vorteil, den kein Unternehmen aufgeben würde. Im allerbesten aber unrealistischen Fall, dass Nintendo jede produzierte Switch in den ersten 12 Monaten auch durchverkaufen könnte (mit anderen Worten die Konsolen liegen in den Händen der Kunden und nicht in Händlerregalen), stünde die Switch bei 10 Millionen+ verkauften Einheiten. Im Vergleich zu 65 Millionen+ für den 3DS.

Exklusivtitel

Alleine in den ersten 12 Monaten der Switch erscheint ein großer Teil der stärksten Marken. Zelda, Splatoon, Mario Kart und Mario. Eigentlich benötigt Nintendo ein paar Jahre für diese Liste, die neue Hardware erhält sie alle schon im ersten Jahr. Trotzdem, 3DS-Exklusivtitel gibt es auch noch. Fire Emblem Echoes: Shadows of Valentia ist ein Remake eines uralten Teiles der Serie und erscheint nicht für Nintendos neue Konsole. Das dürfte ein paar Switch-Besitzer ärgern, aber für die wurde schon ein gänzlich neues Fire Emblem angekündigt. Ein neues Pikmin erscheint für den 3DS. Letztens erst erschien ein Mario Sports-Titel. Diese klare Trennung von Handheld und Konsole, die mit der Switch überwunden schien, gibt es also immer noch. Das mag vielen nicht schmecken, aber es ergibt Sinn. Fire Emblem hatte auf dem 3DS seinen großen Durchbruch, ob sich dieser Erfolg auch auf die Switch übertragen lässt, bleibt abzuwarten. Statt sich komplett auf die neue HD-Konsole zu konzentrieren, kann stattdessen ein Remake eines alten Teiles in der alten 3DS-Engine der Serie zu noch mehr Aufmerksamkeit führen. Die Entwicklung des 3DS-Spiels kostet viel weniger und könnte sich viel höhere Gewinne erzielen als auf Switch. Auch könnte der 3DS zum Experimentieren dienen. Neue skurrile Ideen wie Tomodachi Life oder das bisher Japan-exklusive Miitopia brauchen eine große installierte Hardwarebasis, um das Risiko auf möglichst viele potenzielle Kunden aufteilen zu können. Auch für lang gewünschte alte Serien wäre der 3DS die richtige Plattform und für komplett Neues, wie z.B. das (in diesem Fall gefloppte) Code Name STEAM.

Monster Hunter

Monster Hunter muss gesondert erwähnt werden, da es repräsentativ für einen großen Teil der japanischen Videospielindustrie ist. Die PS4 mag bei uns im Westen dominieren, in Japan liegt Sonys Konsole weit hinter dem 3DS zurück. Trotzdem müssen japanische Publisher auch im Westen erfolgreich sein. Das bedeutet viel Konkurrenz (durch Publisher wie Ubisoft, Take-Two, Activision), hohe Entwicklungskosten und eine gänzlich andere Videospielkultur. Den Spagat zwischen Japan und dem Westen, den Nintendo so mühelos hinbekommt, fällt vielen japanischen Publishern schwer. Einer dieser Publisher ist Capcom. Plötzlich müssen der AAA-Konsolenmarkt des Westens, der Handheldmarkt Japans und der lukrative Mobile-Markt bedient werden. Ein finanzieller Anker hierbei war immer die Serie Monster Hunter. Seit Jahren schon ist sie mit drei Hauptteilen und einem Spin-Off auf dem 3DS beheimatet. Der vierte Hauptteil, XX, erschien diese Woche. Capcom führt der Serie immer mehr Monster hinzu, neue Gameplay-Elemente und etwas bessere Grafik. Das alles dürfte jedoch nur einen Bruchteil der Entwicklungskosten von z.B. Resident Evil 7 oder Street Fighter V kosten, spült aber viel Geld in die Kassen. Ein neues Monster Hunter bedeutet neuen Schwung im 3DS-Markt, was zu mehr Käufern führt und wieder zu mehr Spielen. Irgendwann werden aber auch die größten Fans der Serie bessere Grafik und zeitgerechte Technik fordern und der richtige Umstieg zu HD muss stattfinden. Mit seinen 65 Millionen verkauften Einheiten und relativ niedrigen Entwicklungskosten ist der 3DS die perfekte Monster Hunter-Plattform für Capcom. Ewig kann das nicht weitergehen, trotzdem wird man ihn nicht sofort aufgeben. Immerhin. Hinweise auf einen Switch-Port gibt es schon.

Smartphone-Strategie

Kurzfristig ausgelegte Investoren mögen es vielleicht schon wieder vergessen haben, Nintendos primäres Ziel mit den Smartphone-Titeln ist aber die Kundenakquise. Wer Spaß mit Mario Run auf dem Handy hat, kann sich ja den Kauf von Nintendo-Hardware überlegen, so der Gedankengang. Wie erfolgreich diese Strategie sein kann, sei mal dahingestellt. Folgt man Nintendos Logik hier jedoch, fällt schnell auf, dass die Switch dieses Ziel kaum erfüllen kann. Ein durchschnittlicher Smartphone-Nutzer hat sich an kostenlose Spiele gewöhnt. Diesen Kunden zum Kauf einer Switch für 400 Euro inklusive Spiel zu überzeugen, ist schwierig. Doch wie wäre es mit einem 2DS für 80 Euro? Das würde schon eher funktionieren und es wäre ein großer Erfolg für Nintendo. Natürlich soll die Switch hohe Verkäufe erzielen und Nintendos Zukunft sein. Mit ihrem hohen Preis ist sie aber für eine Käuferschicht interessant, die nicht viel mit der Smartphone-Kundschaft gemein hat. Nintendo möchte eigene Hardware verkaufen, das ist das Kerngeschäft. Kurzfristig mögen diese Smartphone-Kunden vielleicht zum viel günstigeren 3DS greifen, mittelfristig werden sie jedoch zu Nintendos Kunden, langfristig vielleicht zu treuen Nintendo-Kunden. Das Hauptziel der Smartphone-Strategie.

Was kommt noch?
Das Hauptproblem für viele Fans bei der Beziehung zwischen 3DS und Switch dürfte eine falsche Sicht der Lage sein. Viele denken, dass die Switch Nintendos nächster Handheld sein wird und den 3DS ersetzt. Das mag angesichts des Formfaktors einleuchten. Die Switch ist ja auch ein Handheld, die Betonung liegt aber auf dem “auch”. Fürs Erste ersetzt die Switch den Vorgänger, die Wii U. Nintendos letzte Konsole wird nicht mehr hergestellt, es werden keine neuen Spiele entwickelt und sie wird jetzt schon knapp in den Lagern der Händler. Im Vergleich dazu ist der 3DS quicklebendig. Pokémon Sonne und Mond sind die schnellstverkauftesten Spiele in Nintendos Firmengeschichte. Software und Hardware konnten sich in den meisten Fällen im Vergleich zum Vorjahr verbessern.

Quelle: Nintendo

Auch der 2DS konnte seine Anteile bei den 3DS-Verkäufen steigern. Immer mehr 3DS-Verkäufe sind 2DS-Verkäufe, was am günstigen Einstiegspunkt, Bundles und dem Ende von 3D als wichtiges Verkaufsargument liegen dürfte.

So skurril das klingen mag, die Switch kann nicht mit dem 3DS konkurrieren. Das soll sie auch nicht. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Konzepte, Plattformen und Preispunkte, die parallel zueinander existieren werden. Irgendwann wird vielleicht eine Switch Mini erscheinen, ohne abnehmbare Joy-Con, ohne Hybrid-Formfaktor, zu einem niedrigeren Preis. Bis dahin wird sie im “Premium”-Segment von Nintendos Portfolio verweilen. Bis dahin wird der 3DS einen sicheren Platz und wichtige Aufgabe innehaben. So wichtig, dass Nintendo eine weitere Hardware-Revision veröffentlichen könnte. Mitsamt neuen Exklusivtiteln. (kf)

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