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Kolumne: Der Marvel Movie War!

Wer hätte das vor 10 Jahren für möglich gehalten? Seit geraumer Zeit nun werden wir in sehr knappen und sehr regelmäßigen Abständen im Kino mit Big-Budget-Adaptionen beliebter Comicbücher überhäuft. Allein in 2013 und 2014 kommen wir bereits auf sage und schreibe 16 Produktionen. Allein 7 davon basieren auf einer Vorlage der Marvel Comics (Iron Man 3, The Wolverine, Thor 2, Captain America 2, The Amazing Spider-Man 2, X-Men: Days Of Future Past und Guardians Of The Galaxy). Das wirklich erstaunliche daran? Bis auf wenige Ausnahmen (The not so Amazing Spider-Man 2) waren die größtenteils wirklich solide! Natürlich sind Geschmäcker diesbezüglich verschieden. Auch die Meinungen, ob das möglicherweise zu viele sind (oder zu wenige!) werden mittlerweile überall diskutiert. Heute erkläre ich euch jedoch, wieso der Superheldentrend so schnell nicht aussterben wird, weshalb wir überhaupt so viele Superheldenfilme pro Jahr sehen können und warum ich der Meinung bin, dass selbst „mehr“ noch lange nicht „viel“ bedeutet.

Zunächst einmal sollte klar gestellt werden, dass auch wenn es uns vielleicht ab und zu so vorkommt, Superhelden-Filme NICHT das dominante Genre im Kino sind. Sie erfreuen sich zwar großer Beliebtheit und regem Medieninteresse, jedoch sind die oben erwähnten 16 Produktionen (von denen gerade einmal die Hälfte wirklich Superhelden thematisiert) nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, vergleicht man sie etwa mit anderen Sub-Genres. So haben wir im selben Zeitraum zirka das zehnfache an Horrorfilme in den Kinos gehabt. Romantic-Comedies waren knapp vier mal so oft vertreten. Ein weiterer Trend wären zur Zeit die Jugendbuchverfilmungen (Hunger Games, Das Schicksal ist ein mieser Verräter, etc.), von denen wir immerhin noch doppelt so viele im gleichen Zeitraum sehen konnten. Wer also tatsächlich von einer Übersättigung sprechen möchte, sollte möglicherweise zuerst an anderer Stelle anfangen.

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Dennoch kann man nicht leugnen, dass Superhelden im Trend sind – und jeder Trend, wie alles Gute auf der Welt, irgendwann einmal zu Ende geht. Hier lässt sich zum Beispiel der Western-Boom der 60er Jahre als Vergleich hinzuziehen. Ein Genre, welches in seinen besten Zeiten brillante Filme hervorbrachte, jedoch nachdem die Qualität der Produktionen sank auch früher oder später wieder in der Versenkung verschwand. Dieses Ende ist für Superhelden meiner Meinung nach noch lange nicht in Sicht. Nicht, solange speziell Marvel Studios weiterhin so qualitativ hochwertige Filme produziert. Allein die Tatsache, dass Guardians Of The Galaxy, ein Film welcher auf einer Comicvorlage basiert, die selbst vielen eingefleischten Comicnerds unbekannt war, in den USA (verdient) Besucherrekorde bricht, spricht eine ganz klare Sprache. Dieser Erfolg sollte auch jedem Skeptiker signalisieren, dass auch weitere „unbekannte“ und „gewagte“ Verfilmung von Comics profitabel sein werden. Hiermit sind speziell die Kritiker gemeint, die dem 2015er Marvel Helden Ant-Man aufgrund seiner Unbekanntheit geringere Chancen einrechnen. Der Film, welcher zu allem Ãœberfluss sogar gerade einmal zweieinhalb Monate nach dem Mega-Blockbuster Avengers 2: Age Of Ultron erscheinen wird, sollte gewiss keine Schwierigkeiten mit dem Einspielergebnis haben. Wenn Marvel Studios einen fluchenden Waschbär und einen grinsenden Baum zum Kinohit des Sommers machen kann, dann ist tatsächlich alles möglich. Ein weiterer Grund, warum Marvel Studios noch sehr lange sehr viel Rückhalt von den Kinobesuchern erwarten darf, ist die Tatsache, dass Marvel die „Superhelden“ nicht als eigenes Genre betrachtet. Clevere Beobachter werden bereits gemerkt haben, dass Captain America: The Winter Soldier auch als erstklassiger Spionagethriller durchgehen würde. Guardians Of The Galaxy ist eine waschechte Space-Oper und Ant-Man wird laut Produzent Kevin Feige ein Heist-Movie (so bezeichnet man das Sub-Genre von Filmen mit Banküberfällen und Gefängnisausbrüchen). Sogar der geplante Dr. Strange Film könnte problemlos als psychedelischer Horrorfilm aufgezogen werden. Ein erstklassiger Weg, um auch in Zukunft, lange nachdem der klassische Superheld nur noch Gähnen bei den Zuschauern auslöst, relevant zu bleiben.

Mehr Sorgen mach ich mir in Hinsicht auf „Ãœbersättigung“ bei der Konkurrenz. Denn auch die Film Studios 20th Century Fox und Sony besitzen Rechte an diversen Marvel Charakteren, die sie regelmäßig auf die Welt loslassen (und ebenfalls für die kommenden Jahre neue Projekte ankündigten). Deren bisher erschienen Filme sind bisher größtenteils leider nicht mit den Produktionen der Marvel Studios konkurrenzfähig gewesen. Das sind allerdings Verstrickungen, die dem gelegentlichen Kinobesucher gar nicht klar sind. So werde ich nach wie vor regelmäßig von verwirrten Kinogängern gefragt, warum Spider-Man und Wolverine nicht Teil der Avengers seien, zumal diese ja auch in fast jedem Comicbuch miteinander zu tun haben. Dass Marvel im Jahre 1996, um sich vor dem finanziellen Bankrott zu retten (die Comic-Industrie ist Mitte der 90er Jahre wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen – Details dazu verdienen aber ihre eigene Kolumne), die Filmrechte an ihren Figuren an verschiedene Filmstudios „verkaufte“, ist dem breiten Publikum nämlich gar nicht bekannt. Das hielt nicht nur Marvel über Wasser, sorgte auch für eine ganz neue Ausgangssituation. Durch dieses „Outsourcing“ nämlich, entstanden alsbald die Kinohits und inzwischen zum Kult avancierten Blade Filme. Und um genau diesen Erfolg nachzuahmen, sicherte sich Sony kurz darauf die Rechte an Spider-Man und Ghost Rider. Auch 20th Century Fox ergriff die Chance und bekam unter anderem X-Men, Daredevil, Fantastic Four, Silver Surfer und The Punisher zwischen die Finger, zu welchen sie diverse Filme produzierten (in manchen Fällen tatsächlich mit großem Erfolg!). Logischerweise sorgt dieser Umstand nun automatisch dafür, dass wir pro Jahr deutlich mehr Comicverfilmungen im Kino sehen können. Die Liste an zu verfilmenden Franchises befindet sich nämlich nicht einzig in der Hand von nur einem Filmstudio (wie beim Konkurrenten DC, welche zu Warner Bros. gehören), sondern wurden auf mehrer Filmstudios aufgeteilt, welche alle unabhängig voneinander Filme ins Kino bringen. Erst mit Iron Man im Jahre 2008 begann Marvel selbst in das Filmgeschäft einzusteigen.

IMG-20140406-WA0002Doch jetzt kommt der Punkt, an dem es Interessant wird. Der Punkt, der in einschlägigen Internetforen stets zu hitzigen Diskussionen führt: Es besteht eine theoretische Chance für Marvel Studios (also das Filmstudio, welches zu Disney gehört und die Avengers produziert), die Rechte an ihren Figuren zurück zu erlangen. So bereits geschehen, als die Filme von Ghost Rider oder Punisher finanziell nicht erfolgreich genug für die jeweiligen Studios waren. Die Studios verloren Interesse an diesen Figuren und gaben Marvel die Chance, ihre Spielzeuge zurück zu kaufen. Der zweite Weg, über den Marvel an verlorene Filmrechte kommen kann ist, indem ein Filmstudio in einem zuvor vertraglich geregelten Zeitraum keinen Film mehr zum jeweiligen Franchise produziert. So kam beispielsweise der Superheld Daredevil wieder „nach Hause“. Nachdem 20th Century Fox es versäumt hatte, innerhalb von 10 Jahren nach ihrem 2003er Film von Daredevil (der mit Ben Affleck und Jennifer Garner) einen weiteren Film (egal ob Fortsetzung oder Reboot) in Produktion zu bringen, trat die Klausel im Vertrag in Kraft. Sie versuchten es zwar in besagtem Zeitraum (David Slade und der großartige Joe Carnahan hatten jeweils bereits angefangen Ideen dafür zu pitchen), mussten in 2013 jedoch die Rechte an der Figur zurückgehen lassen. Ein ähnlicher Deal scheint auch bei Sony mit dem Spider-Man Franchise zu existieren. Einzig und allein deswegen bekamen wir das grauenhafte Reboot The Amazing Spider-Man von Marc Webb so „schnell“ nachdem Sam Raimis Spider-Man Trilogie beendet war. Hier ist der Zeitliche Abstand, in dem Sony Filme produzieren muss, möglicherweise noch geringer. Sony ist sich bewusst, dass die Spider-Man Rechte buchstäblich einer Lizenz zum Geld drucken gleichen, weshalb sie diese unter keinen Umständen einfach so zurück zu Marvel gehen lassen würden.

So kommt es, dass jetzt im Angesicht des für 2015 geplanten Fantastic Four Reboots von 20th Century Fox, viele Fans zum Boykott des Streifens aufrufen und hoffen, dass der Film zum Fehlschlag wird. Einzig, um einen finanziellen Flop des Films zu gewährleisten, sodass es Marvel Studios leichter hat, die Rechte am Franchise zurück zu erlangen. Ich für meinen Teil finde, dass das nicht nur kindisch, sondern auch grundsätzlich etwas zu kurz gedacht ist. Warum man sich aktiv wünscht, dass ein Film scheitert, macht für mich keinen Sinn. Wenn ich 12 Euro für ein Kinoticket ausgebe, dann will ich verdammt noch mal auch ein positives Kinoerlebnis haben! Außerdem gefällt es mir, dass ich pro Jahr viele verschiedene Superhelden im Kino sehen kann. Da nehme ich sogar die ein oder andere Gurke in Kauf. Hätte Marvel die Rechte an all ihren Figuren, wären sie eh nicht in der Lage, alle Charaktere regelmäßig in die Kinos zu bringen. Darüber hinaus scheint Fox einiges aus ihren vergangenen Pflaumen gelernt zu haben. X-Men: Days Of Future Past war überraschend gut gemacht, und alle involvierten Namen des Fantastic Four Reboots lassen darauf schließen, dass wir hier eine sehr neue, eigenwillige und möglicherweise sehr interessante Neuinterpretation von Marvel’s First Family bekommen könnten. Regisseur Josh Trank, welcher mit seinem Low-Budget Film Chronicle großes Talent bewies, ist nicht umsonst bereits für einen der kommenden Star Wars Filme im Gespräch. Auch die gecasteten Darsteller, wie beispielsweise Kate Mara (z.B bekannt aus House Of Cards) als Sue Storm oder das Ausnahmetalent Michael B. Jordan, welcher Johnny Storm verkörpern wird (ja, er ist Schwarz und spielt eine Figur, der in den Comics helle Haut hat. Regt euch nicht auf! 😉 ), lassen auf eine deutlich jüngere Version der fantastischen Vier schließen.

Als Fazit kann also gesagt werden, dass wir in Hollywood mit Superhelden noch lange nicht fertig sind (*schaut euch mal diesen Kalender an!) und dass das, solange die Filme auch tatsächlich ihren Unterhaltungswert beibehalten, für niemanden ein Problem darstellen sollte.

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(diese Kolumne ist ein Gastbeitrag von Marc Kemper)

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