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Review: Original Sin #0 und #1

Während DC nun fast zweieinhalb Jahre gebraucht hat, um ein großes Comic-Event in ihrem „New 52“-Universum zu launchen, feuert Marvel weiterhin gefühlt vierteljährlich neue “alles“ verändernde Super-Ultra Events heraus. Die Auswirkungen spürt man meist (wenn man sie überhaupt spürt) in den ersten ein bis zwei Monaten nach dem Event. So wie der „große“ Status-quo Wechsel nach dem Event „Infinity“, „Inhumanity“ genannt. Dieser war kaum nach einem Monat schon verflogen und der große „Game Changer“ für das Marvel-Universum blieb aus. Doch nun will Marvel in die Offensive gehen. „Original Sin“, das vom Konzept her etwas an DCs „Identity Crisis“ erinnert soll dieses Mal wirklich wieder alles verändern und alle Figuren in ihren Grundfesten erschüttern. Doch spürt man das schon in der nullten und der ersten Ausgabe?

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Original Sin #0
Autor: Mark Waid
Zeichner: Jim Cheung

Es ist nicht untypisch, dass Marvel als Prolog zu einem Event eine #0 veröffentlicht. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass ein komplett anderes Kreativ-Team für dieses Heft zuständig ist. Und mit Mark Waid und Jim Cheung wurden zwei Kreative ins Boot geholt, die ein Garant für ein außergewöhnlich gutes Heft sind. Mark Waid ist nicht gerade für Geschichten mit sehr viel Bombast und Action bekannt. Viele seiner Serien liefern Charaktermomente und intime Momente, die viel Eindringlicher sins als es Bombast-Action je sein könnte. In „Original Sin #0“ ist genau das der Fall. Zwar treten zumindest die Avengers auf (was ziemlich überflüssig wirkt)  und man bekommt sogar einen kurzen Kampf zu sehen, 10374941_709307489130155_2639094260121534672_n der auch sehr deplatziert wirkt, trotzdem fühlt sich das ganze Heft wie ein kleines Charakterstück an. Es geht  hauptsächlich um die Beziehung zwischen Sam Alexander, dem neuen Jungspund unter dem Nova Helm, und  dem Watcher. Wer die ersten Hefte der neuen „Nova“ Serie schon gelesen hat, wird erfahren haben, dass der  Watcher einer der ersten Figuren war, auf die Sam traf. Der Beobachter wurde ein enger Freund des neuen  Nova, der einen stillen Zuhörer brauchte, um mit ihm über sein neues Leben zu sprechen. In10363934_709307492463488_8360243549663486563_n diesem Heft  erleben wir, wie die beiden Figuren sich noch näher kommen. Zwar spricht der Watcher nicht direkt, er zeigt  aber Sam vieles aus seiner eigenen Welt. Wir erfahren, wer die Watcher wirklich sind.

Einige Autoren hätten eine solche Ausgabe verwendet, um schon vor dem Event richtig auf den Tisch zu hauen  und mit viel Pathos und Schnickschnack die letzten Tage des Watchers zu zeigen. Mark Waid zeigt den  gutmütigen Glatzkopf aber von einer anderen Seite, von dem man ihn bis jetzt noch nicht gesehen hat. Er zeigt  ihn als verletzliche und einfühlsame Figur. Er ist nicht mehr die göttlich anmutende Entität, die zwar die Helden beobachtet und In- und Auswendig  kennt, sie ihn aber nicht, sondern ein verletzliches Wesen, das ein eigenes, sehr schweres Kreuz zu tragen hat.  Mark Waid stellt das ausgezeichnet dar und man hofft insgeheim, dass der durch zahlreiche Teaser  vorhergesagte, unausweichliche Tod des Watchers in Wirklichkeit nur eine falsche Fährte ist. Auch die Charakterisierung von Sam
Alexander ist Waid gut gelungen. Seine Überforderung mit dem kompletten Thema und die Tatsache, dass er sich zu Gast in einer Basis auf dem Mond bei einem glatzköpfigen Riesen befindet, wird gut dargestellt.

Hier trägt auch Jim Cheung dazu bei, der brillant wie gewohnt zeichnet. Er zaubert den Figuren Emotionen in die Gesichter wie nur Wenige. Man versteht schnell, wieso der gute Herr so lange braucht, um ein Heft fertigzustellen. Wohl kein anderer Zeichner wäre in der Lage gewesen, dem Beobachter eine solche Melancholie und Angst vor dem bevorstehenden Tod ins Gesicht zu Zeichnen wie Cheung. Man empfindet allein anhand der wortlosen Gesten der Figur Mitleid für ihn.
Die #0 ist ein tolles Heft, das auch prima als Stand-Alone gelesen werden kann, trotzdem aber einen sehr guten Auftakt zu Original Sin bildet.

 

 

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Original Sin #1
Autor: Jason Aaron
Zeichner: Michael Deodato Jr.

Die erste Ausgabe des Events ist da anders. Machte die #0 den Leser noch bekannt mit dem Watcher geht es in der #1 schon rasant los. Wir erleben, wie der „Big Bald Guy“ auf den ersten 4 Seiten umgebracht wird. Die Ermittlungen beginnen sofort und viele Teams machen sich auf, um das Mysterium zu lösen. Besonders interessant dabei ist die Konstellation der Teams. Doctor Strange und der Punisher, Bucky mit Gamora und Moon Knight oder auch Ant-Man mit Emma Frost und dem Black Panther. Gerade ihOriginal Sin #1re Intention und das Zusammenspiel machen den Leser neugierig auf die weiteren Ausgaben. Ansonsten geht alles ziemlich schnell im Heft. Dem Leser werden lose Fäden vorgeworfen, die am Schluss (hoffentlich) plausibel aufgelöst
werden.

Der Autor Jason Aaron hat schon viele Marvel Figuren geschrieben und das zeigt er gekonnt in diesem Comic. Anders als in den meisten Events wird zumindest jetzt noch kein Hauptfokus auf einen gewissen Helden geworfen. Wir bekommen eine kunterbunte Mischung aus so ziemlich jeder Ecke des Marvel-Universum. Das bewirkt natürlich oft das Problem, das es einfach keinen Fokus gibt, der auf die Figuren gerichtet ist. In diesem Fall ist das jedoch nicht so. Jede Gruppierung bekommt genug Zeit für sich und die kurzen Dialoge helfen den Figuren sich zu charakterisieren. Das ist in dieser Ausgabe noch gut gelungen, könnte aber in den späteren zu einem Problem werden, wenn immer vier bis fünf Handlungen parallel laufen und man schlussendlich das Ziel aus den Augen verliert.Bisweilen macht Jason Aaron das aber noch gut. Lobenswert ist, dass nicht durch viel Action Spannung aufgebaut wird. Das Hauptaugenmerk lag in dieser Ausgabe auf den Figuren, was zwar wirklich toll ist, doch die Marvel-Tradition lehrt uns, das es nichtOriginal Sin 001-012 immer so bleiben kann.

Mike Deotado Jrs Zeichnungen sind problematisch. Er verlässt sich in den letzten Jahren immer mehr auf 3D-Hintergünde in die er später die Figuren zeichnet. Leider passen gezeichnete und in 3D erstellte Objekte nicht besonders gut zusammen. Da hilft es auch nicht, dass seine Charaktere eine starre Mimik besitzen und die Koloration sich meist auf einige Farbverläufe im Hintergrund beschränkt.

Das Heft setzt zwar den perfekten Startpunkt für das Event, doch irgendwie beginnt der Auspuff schon jetzt zu Husten und man muss sich fragen, ob das Auto das bis zu Ende durchhält. Ein Vergleich mit der „Identity Crisis“ von DC ist bei einem solch ähnlichen Thema unumgänglich. Es ist nicht schwer, eine Empfehlung auszusprechen. Der Comic macht Spaß und man wird unterhalten. Es ist nicht einmal „Popcorn Kino“ sondern gute Kost und man wird natürlich Spaß beim Lesen haben, denn Original Sin ist  bis jetzt (leider) eines der besten Marvel Events. Auch wenn die #1 im Schatten zur #0 steht, ist es ein spaßiges „Who-Dunnit“ Rätsel, in das jeder reinschnuppern kann ohne am Schluss seinem Geld nachzutrauern. Wer jedoch eine zweite „Identity Crisis“ erwartet, wird enttäuscht werden, schon der Anfang ist nicht so gut durchdacht wie Mark Waids damaliges Meisterstück.

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