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Comic-Review: Age of Ultron (5) Das Finale

Es ist da! Das große Finale des Marvel-Events „Age of Ultron“ im deutschsprachigen Raum! Und wieder einmal ist das Marvel-Universum in seinen Grundfesten erschüttert und nichts ist so, wie es vorher einmal war…

Ausgelutschter und langweiliger kann dieser in die Bedeutungslosigkeit gedriftete Satz gar nicht mehr in den Köpfen von Mainstreamcomicfans nachwirken. Viel Lärm um nichts. Heiße Luft. Verkaufsfördernder verbaler Marketingmüll.

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Age Of Ultron sollte das Marvel-Universum revolutionieren. Wo vorher schon Marvel Now! für einen virtuellen Paukenschlag sorgen und DC´s New 52 in das Absatzzahlenabseits manövrieren sollte, kam nun wieder ein Event daher, welche Auswirkungen haben sollte, die ungeahnte Größenordnungen anzunehmen drohten. Marvel hätte den großartigsten Comic der Weltliteratur erschaffen können, alleine schon die Ankündigung lies auch in mir als Event- und Marvel-Hure verschrieenen Alles-Leser und notorischen rosabrillentragenden Alles-Gutfinder eine gewisse Müdigkeitserscheinung aufkommen. Die Auswirkungen von Avengers vs. X-Men waren gerade am Verklingen, beziehungsweise die Neuausrichtung seitens Marvel Now gerade in den Gehirnen manifestiert, da kam schon wieder ein umwälzendes Event daher…

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Streng genommen ist es aber die Schuld von Hitch, dass Age Of Ultron erst jetzt erschienen ist, denn… eigentlich wäre diese Geschichte das geplante Ende von Brian Michael Bendis Avengers-Ära gewesen. Mehr oder weniger subtil in dem Gratis-Comic-Tag-Heft von 2011 eingestreut, wurde das Event also schon vor zwei Jahren eingeläutet. In dem Masterplan des BMB lag es bereits VOR Avengers vs. X-Men. Nun kamen Editoren und Autor aber in Koordinationskonflikte und mussten die Story dem gesamten Marvel-Universum und seinen Geschehnissen darin etwas anpassen.

Heft Nr. 5 (Umfasst die US Ausgaben 9 und 10), welches es hier nun zu besprechen gilt, schafft aber nun tatsächlich etwas, was andere Events und selbst die 4 vorhergehenden Doppelausgaben nie zu meiner vollsten Zufriedenheit geschafft haben.

RTEmagicC_Brian_Michael_Bendis.jpg– 1.) Brian Michael Bendis hat es geschafft, ein richtig gutes Ende zu schreiben. Zur Erklärung: In meinen Augen war Bendis bisher immer eines: Ein hervorragender Prologist. Konzepte und Ideen, die er in die Hefte einwarf waren allesamt brilliante Ausgangssituationen, aber die Auflösungen plätscherten entweder dümpelnd dahin oder verloren sich gar im narrativen Nichts, bevor eine neue brilliante Idee einfach oben drauf gesetzt wurden. Sein gesamter achtjähriger Avengers-Run litt genau unter diesem Phänomen. Idee auf Idee, die zwar irgendwann aufgelöst wurden, aber immer nur fast schon nebenbei um eine weitere Super-Idee voranzutreiben. Als ob eine Reise kein Ziel hat, sondern immer weitere Etappen abklappert. Die Aussichten dort sind zwar herrlich, aber man weiß nie, wo die Reise schlussendlich hingehen soll. Von daher ist es fast Ironie, dass dieses Event, welches sein eigentlicher Abgesang sein sollte, wirklich wie ein Schlusspunkt wirkt, dieser dann aber aus Termingründen erst nachgeschoben wird.

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 – 2.) Am Ende ist wirklich nichts mehr, wie es war. Okay, zugegeben, die Secret Invasion endete z.B. damit, dass die Schurken des Cabal in Dark Reign die Macht übernahmen. Civil War endete mit einer Kluft zwischen den Helden, etc. Aber alle diese „Veränderungen“ atmeten den Geist der Kurzfristigkeit. Ãœber lang oder kurz sollte der alte Status Quo wieder hergestellt worden sein. Das lag schon in den Veränderungen an sich, die viel zu „krass“ waren, als dass sie nicht wieder rückgängig gemacht werden müssten. Wer sich länger mit Superheldenepik in Marvel-Comicform beschäftigt hatte, wusste einfach, dass Cap und Iron Man irgendwann wieder die Hände über ihre Schulter legten oder Norman Osborn irgendwann dem Wahnsinn verfällt und seine Oberhand der opfert. Age Of Ultron endet nun mit… ja, mit was eigentlich?

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In einem Punkt folgt auch Age Of Ultron der Event-Blaupause von Marvel. Jedes Ende ist ein neuer Anfang. Und auch hier gibt es keinen klaren Schlusspunkt, sondern eine geschickte Ãœberleitung zu neuen Horizonten. Doch was diesen Epi-Prolog so einzigartig macht, ist sein vages offenes Ende. Was genau ist eigentlich passiert?

Um nicht zuviel zu verraten, ist das Gefüge von Zeit und Raum durch die endlosen Zeit- und Dimensionsreise sämtlicher Marvel-Helden und -Schurken so stark in Mitleidenschaft gezogen worden, dass es endgültig in sich zusammengebrochen ist. Die Begebenheiten um die Age Of Ultron waren der letzte – viel zitierte – Tropfen in dem übervollen Fass. Die Membran der Zeit und des Raumes wurde einmal zu oft penetriert und bekam den ultimativen Knacks.

RTEmagicC_age41.jpgWolverine reiste mit Susan Richards aus einer alternativen Zukunft, in der Ultron gewonnen hatte in die Vergangenheit zurück und tötete Hank Pym, bevor dieser Ultron überhaupt erschaffen konnte. Zurück in ihrer Gegenwart war aber alles viel schlimmer als vorher und deshalb reiste Wolverine noch einmal zurück, um sein zuvor zurückgereistes Ich davon abzuhalten, Hank Pym zu töten. Dies gelang und Susan Richards konnte Hank davon überzeugen, einen Schutz in Ultron einzubauen, der verhindern wird, dass es zur Age Of Ultron überhaupt kommt. Dieser Schutz wird zeitlich genau dann aktiviert, als die Rächer auf Ultron treffen – und zwar im besagten Free Comic Book Day Heft von 2011. Exakt diese Stelle wird dann auch praktischerweise einfach recycelt. Die Zeichnungen von Bryan Hitch an dieser Stelle sind die gleichen wie aus dem FCBD, nur mit anderen Sprechblasen versehen. So schließt sich tatsächlich ein Kreis, der wirklich bei mir zu einem zufriedenen: „Hey, das war wirklich ein durchdachter Plan!“-Schmunzeln führte. 9 Hefte lang eierte Bendis herum und führte uns durch die Zeitreisen auf eine endlose Spiralodyssee, um dann im Heft 10 tatsächlich mit Zielführung und Exekution eines durchdachten Ganzen zu punkten.

 

Die weiteren Zeichnungen von Butch Guice und Carlos Pacheco erfüllen ihren Zweck, sind aber – wie schon in den Heften zuvor – weitaus weniger episch und überdimensional wie es ein Event dieser Größenordnung verdient hätte. Einzig Brandon Peterson schafft noch den einen oder anderen optischen Reiz, liegt aber auch weit hinter seinem Schaffen vergangener Zeiten. Hier wünscht man sich fast, dass Zeitreisen á la Wolverine möglich sind, damit Brandon und Carlos (den ich zu seinen Anfängen und vor allem bei Avengers Forever wirklich grandios fand) zu ihren vergangenen Ichs zurückreisen, um sie davon abzuhalten, sich in die „falsche“ Richtung zu entwickeln.

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Die letzten Seiten nach dem eigentlichen Ende – Das Universum richtet sich neu aus – WIE AUCH IMMER! – man hat davon keinen detailierten Plan wie das neue Marvel Universum denn nun aussieht, und vor allem, nach welchen Regeln es denn nun funktioniert – sind auch irgendwie zweischneidig. Zum einen sind sie wirklich pointierte kleine Momentaufnahmen innerhalb des neuen Marvel-Zeitrechnungs-Universums (Engel Angela hat von Image hier rübergemacht, der Galactus des normalen Marvel-Universums hat Heiß-Hunger auf das Ultimative) und sind optisch auch allererste Sahne (Quesada feuert aus allen Rohren und der Cliffhanger mit Galactus und dem ultimativen Spider-Man von Pichelli ist einfach eine Splashpage der Gänsehäute), zum anderen sind es nichts weiter als freche Teaser für neue Serien (Hunger, Avengers A.I.) und neue Storyarcs in anderen Serien (Guardians Of The Galaxy), die praktischerweise nach ihren Comic-Seiten auch eine entsprechende Werbeankündigung geschenkt bekommen. Diese Dreistigkeit ließ mich auch tatsächlich kurz auflachen.

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Meinung:
HenningMan mag über Bendis denken, was man will. Man mag über Events denken, was man will. AGE OF ULTRON ist etwas Besonderes. Allerdings ist das so geschickt versteckt, dass man Gefahr läuft aufgrund des 9-Hefte vorhergehenden Bombastes einfach darüber hinweg zu lesen. Was mich wirklich sehr freut ist diesmal, dass das Ende mehr Fragen aufwirft, als Antworten liefert. Die einzige Information, die man über das – durch den Zusammenbruch des Zeit-Raum-Gefüges neugeschaffene – neue Marvel-Universum erhält, ist die scheinbare Auflösung der Dimensions- und Zeitgrenzen. Galactus ist plötzlich im Ultimativen Universum, Angela hat sogar Verlagsgrenzen übersprungen und scheinbar ist Age Of Ultron auch der Grund, warum [Achtung: SPOILER für Superior Spider-Man-Leser] Miguel O´Hara, seines Zeichens Spider-Man aus dem Jahr 2099 plötzlich in unserer Zeit auftauchen wird. [Spoiler Ende]

Die Regeln für das neue Universum sind noch verdeckt. Was wird es für Veränderungen geben? Wie sehen sie en detail aus und vor allem: Beeinflusst es die reichhaltige Historie oder gar die Kontinuität des gesamten Verlages? All das liegt noch vor uns und gilt entdeckt zu werden. Und das finde ich irgendwie wieder spannend.

Age Of Ultron halte ich für kein Meisterwerk. Es krankt an einem viel zu langen Prolog und an einem enormen Prestige (Aufbau eines Zaubertricks – Ablenkung des Publikums um die Pointe vorzubereiten). Das eigentliche Ziel, die Auflösung ist im Grunde in einem Satz erklärt und auf vier Seiten abgehandelt. Dafür braucht man im Grunde kein Event und schon gar nicht die überaus überflüssigen Tie-Ins. Noch nie haben Tie-Ins so wenig zu dem eigentlichen Event beigetragen wie bei Age Of Ultron. Aber wenn man sich wirklich darauf einlässt, den Vorhang zurückzieht und sich dem öffnet, was Bendis mit einem Flüstern durch den viel zu großen Blumenstrauss in unser Ohr haucht, dann gewinnt man den Eindruck, hier ein wirklich relevantes Event vor sich zu haben, welches – ähnlich wie bei Konkurrent DC damals die „Crisis On Infinite Earths“ – zu einer neuen, allgegenwärtigen Zeitrechnung führt, auch wenn diese noch im Nebel des Ungewissen badet.  (Henning Mehrtens)

 

AGEOFULTRON528VON529_Heft_626SEITEN: 68
PREIS: ca. 5 Euro
AUTOR: Brian Michael Bendis
ZEICHNER: Brandon Peterson, Carlos Pacheco
VERLAG: Panini Comics
ORIG. VERLAG: Marvel

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