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Asterix Review Special (27): Der Sohn des Asterix

2,5 Millionen ist eine sehr stolze Zahl, auch für Asterix. Doch genau diese Menge an verkauften Exemplaren erreichte „Le Fils d’Astérix“ drei Monate nach dessen Erscheinen in Frankreich. In Deutschland waren es sogar unglaubliche 2,7 Millionen Exemplare, und weltweit sogar 7 Millionen. Dies bedeutet eine Steigerung von satten 20 Prozent gegenüber dem letzten Bestseller „Die Odyssee“. Dies kommt aber neben der faszinierenden Handlung, auch von der massiven Werbekampagne, die alleine in Frankreich mit mehr als 2 Millionen französischen Franc zu buche schlug.

Ehapas Werbung aus dem Jahr 1983.

In Deutschland titelte der Ehapa Verlag ganz groß mit „Hilfe, ich bin Vater!“ und stellte somit auch gleich die Kernidee des XXVII. Asterix-Bandes in den Fokus des Interesses. Wenige Wochen vorher wurde im Verlag sogar noch die mutmaßlich mangelnde Werbewirksamkeit des Covers, bei dem Asterix nur ganz klein und nebensächlich abseits des dominierenden Sohnes von Cäsar und Kleopatra abgebildet ist. Dies ging schlussendlich sogar so weit, dass bei Albert Uderzo eine veränderte Titelillustration angefragt wurde, was dieser jedoch vehement ablehnte. Der nachfolgende Siegeszug bestätigte seine Entscheidung nur noch.
Und nicht nur der Verkaufserfolg gab ihm recht. Beim renommierten Pariser Comicfestival, dem „Salon de la BD à la Bastille“ wurde Albert Uderzo der „Prix du Génie“, der „Genie-Preis“ verliehen, für das beste Comicalbum im Zeitraum vom Oktober 1982 bis zum Oktober 1983.

Bild aus „Uderzo – Der weite Weg zu Asterix“ Seite 243.

Aber es gab nicht nur Euphorie und Begeisterung für den „Sohn des Asterix“, denn das Ende mit dem Dorf in Schutt und Asche, sowie einem Festbankett welches nicht im Dorf, sondern auf einer Galeere von Kleopatra an der Seite von Cäsar stattfindet, schürt die Befürchtungen, dass dies möglicherweise das letzte gallische Abenteuer gewesen sein könnte. Doch Uderzo meinte dazu nur: „Immer wenn ich ein Album beendet habe, spüre ich, es könnte das letzte Asterix-Abenteuer sein. Aber hier liegt ein großes Finale vor: Die Gallier werden zu freunden von Cäsar und das Bankett findet anstelle im Dorf auf einem Schiff statt. Dafür wurde ich heftig kritisiert. Der Leser will sehen, dass die eingeführten Bräuche beibehalten werden. Das ist schwierig, denn wenn ich eine neue Geschichte beginne, gilt es etwas Neues zu kreieren und gleichzeitig alle Leitmotive zu berücksichtigen. Wenn ich die Piraten, die Fischschlachten oder dergleichen weglasse, dann beschweren sich die Leser.“

„Der Sohn des Asterix“
[Egmont, Oktober 1983]

Eines Morgens befindet sich vor der Tür von Asterix und Obelix plötzlich ein Baby und keiner weiß, wo es herkommt. Merkwürdig ist jedoch, dass die Römer offenbar ein großes Interesse an dem kleinen blonden Jungen zu haben scheinen, während Asterix und Obelix so ihre Probleme mit der plötzlichen Vaterrolle haben. Nicht nur, dass der Kleine durch die übermäßige Einnahme von Zaubertrank, seine Kräfte nicht so recht unter Kontrolle hat und dadurch auch gerne alles Mögliche in seiner Umgebung, samt Gallier und Tieren, später dann auch Römer, als Rassel zweckentfremdet, sorgt für Schwierigkeiten. Auch brodelt dadurch im Dorf, angefeuert von Gutemine, der Frau von Majestix, die Gerüchteküche über die Herkunft des Babys und wie Asterix zu dem kleinen Buben steht. So richtig skurril wird es dann jedoch, als zwei römische Legionäre, einer als der Hausierer Wurzelausix und ein weiterer verkleidet als Amme Vasline, in das Dorf eindringen, um das Findelkind zu entführen …

Papa Obelix‘ Erziehung färbt auf den Kleinen ab.

Schon das Titelbild verrät, dass es sich hierbei um kein gewöhnliches Asterix-Abenteuer handelt. Denn der titelgebende Held ist nur schmückendes Beiwerk, während ein kleiner blonder Bengel, der sowohl mit seinem Aussehen, als auch in seinem Verhalten große Ähnlichkeit mit dem kleinen quirligen Fratz aus Poussin und Poussif aufweißt, das gesamte Augenmerk auf sich zieht. „Poussin et Poussif“, wie die Serie im Original hieß, wurde Ende der fünfziger Jahre von René Goscinny und Albert Uderzo für die belgische Comiczeitschrift „Tintin“ geschaffen.
Trotzdem kann das inzwischen 27. Album, und immerhin schon das Dritte unter der alleinigen Ägide von Albert Uderzo mit einigen Highlights aufwarten. Da wäre nicht nur das witzige und niedliche Verhalten von Cäsars kleinem Sprössling, der sich urplötzlich in der Obhut der beiden gallischen Helden wiederfindet, sondern auch das Verhalten der Römer, welche alles in ihrer Macht stehende versuchen, um an den Jungen heranzukommen. Der gesamte Band ist wieder einmal gespickt mit kleinen Anspielungen. So fordert Automatix Troubadix mit den Worten „Wetten dass…“ heraus, seine Sangeskünste zu unterlassen, wobei hier auch genau die im Februar 1981 im deutschen Fernsehen von Frank Elstner gestartete große Samstag-Abendshow gemeint ist. Auch bei den großen Schriftstellern, allen voran Goethe, bediente sich Uderzo, als er zwei seiner Figuren die Worte „Schönes Fräulein, darf ich’s wagen?“ aus Goethes „Faust“ in dem Mund legt. Und noch einmal Goethe findet sich wenig später in der Aussage „Du sprichst ein großes Wort gelassen aus!“, wobei Brutus hier wohl eher unwissentlich aus „Iphigenie auf Tauris“ zitiert. Des weiteren werden eine ganze Reihe von Liedern in kurzen Sätzen zitiert („Erika“, „Westerwald“, „Kaiserjägerlied“, „Rosemarie“, „Ein Heller und ein Batzen“, „Wohlauf, Kameraden aufs Pferd“, „Wir lagen vor Madagaskar“), wobei hierbei viele erst durch die deutsche Ãœbersetzung wirksam werden.

Gallische Musikstunde

Einige der wichtigsten Elemente der Geschichte sind aber die Tatsache, dass nun neben Obelix auch Cäsars Sohn als Baby in den Zaubertrank geplumpst ist, womit diese „alte Geschichte“ erneut Verwendung fand. Und auch aus Asterix und Kleopatra bediente sich Uderzo mit dem Auftritt der großen ägyptischen Monarchin, deren Auftreten er auch prompt visuell an den Monumentalfilm „Kleopatra“ mit Elizabeth Taylor und Richard Burton anlehnte.
Mit einem kleinen Augenzwinkern nimmt Uderzo außerdem die prähistorischen Steinreihen und der Gegend von Carnac in sein neuestes Abenteuer auf und begründet sie hier mit der finanziellen Entschädigung seitens Obelix an den gallischen Bauern Appendix, der für die Bereitstellung seiner Kuh und der für das Baby dringend benötigten Milch immer einen Hinkelstein erhält.
Auch sonst zeigt sich Uderzo von seiner künstlerisch besten Seite und präsentiert einen optisch rundum gelungenen Band mit viel Bildwitz, sehr detaillierten Zeichnungen und liebevoll dargestellten Protagonisten. Vom kleinsten Tier bis hin zur größten Landschaft, offenbart sich hier eine Arbeit, die weit über die reine Pflichterfüllung hinausgeht.

Was man so alles als Rassel „missbrauchen“ kann!

Selbst wenn „Der Sohn des Asterix“ für viele Kenner und Fans nicht der große Wurf Uderzos ist, zu dem er oft gemacht wird, so ist er dennoch ein besonderer Band, der seinen Erfolg nicht nur der immensen Werbekampagne seiner Zeit verdankt, sondern durchaus auch inhaltlich überzeugen kann. Gerade der Zusammenhalt der weiblichen Darsteller des Dorfes gegen Asterix spricht Bände und zeigt, dass es Junggesellen in dieser verschworenen Gemeinschaft nicht leicht haben, selbst wenn sie schon so oft die Sicherheit und für Frieden im und um das Dorf gesorgt haben. Das mit dem kleinen Fratz und Hauptdarsteller dieses Abenteuers, der Sohn von Cäsar und Kleopatra gemeint ist, brauche ich wohl nicht mehr zu erwähnen. Immerhin regierte Ptolemäus XV. (oder auch Kaisarion, je nach geschichtlicher Auslegeung) von 44 bis 30 v. Chr. an der Seite seiner Mutter, bevor er von Octavian im Jahr 30 v. Chr. hingerichtet wurde.

Das letzte Abenteuer?

Copyright aller verwendeten Bilder © 1983-2015 Les Edition Albert/René / Egmont

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